Die Corona-Arbeitsschutzverordnung wurde zuletzt bis zum 30. Juni 2021 verlängert. Das heißt, dass seit dem 1. Juli keine Home Office-Pflicht mehr besteht. Wie soll es für den Einzelnen weitergehen? Zurück ins Büro vor Ort, oder lässt sich das Konzept "Arbeiten von zu Hause aus" sinnvoll fortführen?
Arbeitnehmer und Arbeitgeber bewerten und gewichten die Vor- und Nachteile des Home Office unterschiedlich. Es ist für beide Seiten zweckmäßig, die Aspekte jeweils für sich selbst einzuordnen und dann eine möglichst einvernehmliche Lösung zu finden.
- Zeit- und Kostenersparnis
Ausgaben für Kraftstoff und Monatskarte entfallen; ebenso Wartezeiten an den Haltestellen, Staus im Berufsverkehr und die Suche nach einem Parkplatz. Der Arbeitstag beginnt deutlich entspannter.
- mehr Entscheidungsfreiheit
Der Arbeitsbereich kann individuell gestaltet werden, und auch die Kleiderordnung entfällt. Dennoch sollte die produktive Arbeitsatmosphäre nicht unterschätzt werden: Die gewählte Kleidung beeinflusst unbewusst das Verhalten am Telefon, der Sitzplatz auf der Wohnzimmercouch beeinträchtigt die Konzentration, zumal die Haltung hier garantiert nicht den ergonomischen Richtlinien für einen Bildschirmarbeitsplatz entspricht.
- weniger Ablenkung, gesteigerte Produktivität
Die klassischen Zeitkiller und Ablenkungen im Büro lassen sich im Home Office vergleichsweise leicht umgehen. Dazu gehören zum Beispiel der Lärmpegel im Großraumbüro, die gemeinsamen Kaffeepausen mit den Kollegen und das regelmäßige Klingeln des Telefons auf dem benachbarten Schreibtisch. Eigene Verhaltensregeln mit selbst festgelegten Pausen lassen dagegen eine produktive Atmosphäre entstehen, wie eine Studie der Stanford-Universität in Kalifornien bestätigt.
- Unternehmen sparen fixe Kosten
Strom- und Heizkosten im Betrieb werden deutlich reduziert, es entstehen keine Aufwendungen für die Verpflegung der Belegschaft, und auch die Reinigungskosten können deutlich verringert werden.
- Unternehmen steigern ihre Attraktivität
Fachlich geeignete Mitarbeiter zu finden, gestaltet sich für immer mehr Unternehmen als Herausforderung. Zusätzliche Anreize wie Home Office-Angebote können dafür sorgen, dass die Anzahl der Bewerbungen steigt und sich außerdem potenzielle Mitarbeiter auch aus weiter entfernten Gebieten melden.
- Umweltschutz
Der Wunsch nach einer nachhaltigen Lebensweise und aktivem Umwelt- und Klimaschutz verbreitet sich signifikant. Wer nicht zum Büro fahren muss, verursacht weniger CO²-Emissionen - und das summiert sich: Ein Gutachten der ifaa (Institut für angewandte Arbeitswissenschaft) zeigt, dass jährlich etwa 850 Millionen Kilogramm CO² eingespart werden können, wenn zehn Prozent der Erwerbstätigen hierzulande nur einen Tag pro Woche von zu Hause aus arbeiten würden.
- Selbstdisziplin als Must-have
Selbstdisziplin und wirkungsvolle Strukturen sorgen für mehr Produktivität. Auch ohne die Präsenz von Kollegen und Vorgesetzten handelt es sich um die vertraglich festgelegte Arbeitszeit, die sinnvoll zu nutzen ist. Es gibt viele Möglichkeiten - auch Computer-Programme und Apps -, die den Tag strukturieren helfen und so die Motivation fördern. Doch ohne die richtige innere Einstellung ist ein effizientes Arbeiten im Home Office kaum möglich.
- Kinderbetreuung at home
Zusätzlich zur Arbeit entsteht im heimischen Büro oft noch die organisatorische Herausforderung der Kinderbetreuung. Gerade kleine Kinder können zum Beispiel nicht nachvollziehen, warum sie bei langen Telefonaten und wichtigen Zoom-Meetings nicht stören dürfen. Selbst wenn der Partner einspringt, ist eine genaue Planung kaum umsetzbar.
- Isolation
Bei der Arbeit im Büro zu Hause gibt es keine gemeinsamen Mittagspausen mit Kollegen, Besprechungen finden fast ausschließlich auf virtueller Ebene statt, und auch der kurze Schwatz an der Kaffeemaschine entfällt. Auch wenn zahlreiche Programme zur virtuellen Kommunikation existieren, können diese den persönlichen Kontakt nicht ersetzen.
- mehr Überstunden
Untersuchungen und Umfragen haben ergeben, dass im Home Office mehr Überstunden entstehen als im Büro vor Ort. Vielen fehlt zu Hause die (Selbst-)Kontrolle; hinzu kommt ein Gefühl der Notwendigkeit, dem Vorgesetzten und den Kollegen zeigen zu müssen, dass die Produktivität im Home Office nicht leidet.
- komplizierte Unfallversicherung
Arbeitnehmer, die dauerhaft im Home Office tätig sind, genießen grundsätzlich den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Diese greift allerdings nur bei "Tätigkeiten, die dem Betrieb dienen". Steht der Multifunktionsdrucker im Zimmer nebenan oder auf dem Flur, ist der Weg dorthin versichert. Die Kaffeemaschine in der Küche befindet sich jedoch nicht im Arbeitsbereich.
- Kontrolle der Einhaltung der Arbeitsschutzbestimmungen
Damit die gesetzlichen Bedingungen der geltenden Arbeitsschutzbestimmungen am Bildschirm-Arbeitsplatz erfüllt werden, ist der Arbeitgeber verpflichtet, die Einhaltung dieser Bestimmungen zu kontrollieren. Theoretisch benötigt er dazu ein Zutrittsrecht zur privaten Wohnung des Mitarbeiters sowie aller weiteren dort lebenden Personen. Für die Mitarbeiter ist es sinnvoll, sich beim Arbeitgeber zu informieren, ob diese Überprüfungen stattfinden und wann.